SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl: TTIP hat wenig Chance auf Realisierung

Maria Noichl im Karlsfelder Bürgerhaus

05. August 2015

Landkreis Dachau - „Mit einer Mischung aus Entsetzen und Hoffnung gehe ich aus diesem Abend“, so der Kommentar einer Teilnehmerin zum Vortrag der SPD-Europaabgeordneten Maria Noichl, organisiert von den sozialdemokratischen Frauen im Landkreis Dachau, verschiedenen SPD-Ortsvereinen und der LandkreisSPD. Noichl hatte im Bürgerhaus Karlsfeld zweieinhalb Stunden lang leidenschaftlich ihre Position zum Freihandelsabkommen TTIP erläutert - „sehr engagiert, lebendig und anschaulich“, wie Moderator Martin Güll, Landtagsabgeordneter und Chef der SPD im Landkreis Dachau seiner ehemaligen Landtagskollegin dankte.

Grundsätzlich müsse, so Noichl, der sozialdemokratische Ansatz des Freihandelsabkommen mit Investorenschutz – so der erklärende Name von TTIP – anders heißen und anders interpretiert werden, nämlich „Fairhandelsabkommen mit Verbraucherschutz“!

Noichl kritisierte vor allem, dass das Abkommen nur als „Gesamtpaket“ geschnürt sei und nur so zur Abstimmung in das Europaparlament komme. „Dabei muss man sich die einzelnen Schichten anschauen und stellt dann fest: Sie werden immer giftiger.“ Natürlich sei es vernünftig, dass „ganz oben im Paket“ zum Beispiel die Außen- und Rückspiegel vereinfacht und vereinheitlicht werden. Aber schon die nächste „Schicht“ sei höchst problematisch: „Wenn es um Lebensmittel geht, werden die europäischen Landwirte verlieren“, prophezeit Noichl, die im Agrarausschuss im Europaparlament sitzt. Die Unterschiede in der landwirtschaftlichen Produktion seien zu groß: „Wir wollen und können mit den USA nicht konkurrieren, die voll auf Wachstumshormone bei der Viehzucht setzen. Oder auf Gentechnik. Damit wollen die Amerikaner mit Billigpreisen auf den europäischen Markt.“

Eine andere „giftige Schicht“ im TTIP-Paket aber sei das Sonderklagerecht für die Wirtschaft: „Im Grunde ist das Ganze ein Freihandels- und Investorenschutz-Abkommen. Wenn ausländische Konzerne zum Beispiel durch Rauchergesetze weniger Zigaretten verkaufen, der mögliche Gewinn also geschmälert wird, sollen sie demnach einen Gewinnausgleich bekommen – und wir als Steuerzahler kriegen die Rechnung.“ Dass bei Klagen statt privater Schiedsgerichte öffentliche Gerichte entscheiden sollen, wie es auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel fordert, sei zwar ein Fortschritt, aber noch keine Lösung des Problems: „Wieso können ausländische Investoren überhaupt Gewinnverluste einklagen?“ Aber Noichl blickt auch hoffnungsvoll auf die Abstimmung: „Es gibt so seit zwei Jahren so viele Proteste, von Einzelnen und Organisationen, dass ich inzwischen glaube: TTIP wird vom europäischen Parlament abgelehnt.“

Teilen