Lernort statt Klassenzimmer

Plakat

09. Juni 2016

SPD setzt den Dialog mit Kommunalpolitikern und Schulfamilien weiter fort

In den letzten hundert Jahren entwickelte sich das Telefon zum Smartphone, die Schreibmaschine zum Computer, die Kochstube zum Küchenparadies und Badezimmer mit Waschzubern wurden zu Wellnessoasen mit Whirlpools. Vieles hat sich verändert, doch in der herkömmlichen Schule ist die Reihenbestuhlung und die grüne Tafel hinter dem Lehrerpult noch immer Standard. Auch wenn viele Lehrerinnen und Lehrer inzwischen wissen, dass verschiedene Formen des Unterrichts vonnöten sind, um alle Kinder zu erreichen, fehlen ihnen ganz einfach die räumlichen Möglichkeiten ihre Pädagogik gut umzusetzen. Nur etwa die Hälfte aller Kinder nimmt den Unterrichtsstoff durch Hören oder Sehen auf – die andere Hälfte braucht die Reize über die Hände und über die Bewegung. Diese Mädchen und Jungen möchten ausprobieren, experimentieren und im wahrsten Sinne des Wortes be-greifen.

Dass diese Form des Unterrichts heutzutage oft schwer durchführbar ist, liegt an den kleinen Klassenzimmern, die vollgestopft sind mit Tischen, Stühlen, Schultaschen, Garderoben und Schränken. Karin Doberer, Geschäftsführerin des Büros „Lernlandschaft“ aus Röckingen in Mittelfranken, zeigte bei einer Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft für Bildung der SPD Oberbayern in ihrer Präsentation im Thoma-Haus, wie man es besser machen kann: mobile Tische – für Einzel-, Gruppen- oder Projektarbeit – leicht zusammen- oder auseinanderzuschieben, bunte Quader zum Sitzen oder zum Beturnen, offene Regale für Lernmaterial und persönliche Dinge, Elemente für Ruhezonen und zum Zurückziehen. „Eine gute Architektur macht noch keine gute Schule“, so die 50-Jährige. „Auch wenn ein Schulgebäude energetisch top aufgestellt ist, wird leider viel zu wenig auf die Bedürfnisse der Schüler und Lehrer geachtet. Das Schulhaus soll nicht zur Schülerfabrik verkümmern, sondern ein geschützter Raum, Lehr- und Lernort sein.“

Am Beispiel der Grundschule Augustenfeld ist ein erster Schritt gemacht. Hier hat der Stadtrat bereits grünes Licht gegeben, einen „Lernort“ zu schaffen. „Mir ist es ein Anliegen, die Schulen zukunftsfähig zu machen: Ganztagsbetreuung wird immer mehr von den Eltern nachgefragt und hier müssen wir das Raumangebot flexibilisieren, ergänzen und verändern“, erklärte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) den knapp einhundert Interessierten seine Sicht als Kommunalpolitiker. „Dort, wo es möglich ist, werden wir mit den Schulleitungen ihre pädagogischen Konzepte durch die Raumplanung und -gestaltung unterstützen.“ Anja Güll, SPD-Kreisrätin und Initiatorin der Veranstaltung, ergänzte: „Für viele Kommunen im Landkreis ist Schule gerade jetzt ein Thema, denn auch Odelzhausen, Hilgertshausen-Tandern, Petershausen und Karlsfeld sind dabei Schulbauten entweder neu zu planen oder zu erweitern. Das ist die große Chance für die Gemeinden, in die Zukunft zu denken!“

Was aber kann die Landespolitik tun, um die Schulen zu unterstützen? Martin Güll, der Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag: „Ich würde mir hunderte Frau Doberers als Berater für alle Schulen in Bayern wünschen. Aber wenn Genehmigungsbehörden nicht nur Um- und Neubauten aus bautechnischer Sicht genehmigen, sondern sich als Service-Agentur begreifen würden und als Impulsgeber agierten, könnte man schon in der Planungsphase die Ideen einer modernen Sichtweise des Lehrens und Lernens berücksichtigen. Das wäre dann ein sehr guter Weg!“ Der Dachauer Landtagsabgeordnete kündigte an, dass er in Sachen Bildung die Diskussion mit Eltern, Schülern und Lehrern weiter vertiefen möchte und u.a. auch den Besuch einer beispielhaften Schule organisieren wird.

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