Landkreis Dachau - Bei ihrem Parteitag, der mit einer Schweigeminute für den verstorbenen Helmut Schmidt begann, hat die Landkreis SPD wieder sehr deutlich ausgedrückt, wo sie bezüglich Flüchtlingspolitik hin möchte. Der Nürnberger Landtagsabgeordnete Arif Tasdelen, türkischer Moslem und im realen Leben Beamter bei der Arbeitsagentur, stellte auf Einladung des Vorsitzenden der LandkreisSPD, Martin Güll, den Delegierten den Entwurf des Integrationsgesetzes der SPD-Landtagsfraktion vor:
“Die wichtigste Zukunftsaufgabe momentan ist die Integration und kann nicht dem Zufall überlassen werden. Da müssen wir Rahmenbedingungen schaffen“, so Tasdelen. Allein zu sagen, dass Integration dann gelungen ist, wenn „Ausländer bei uns keine Probleme machen“, das reiche nicht.
Ein Stichwort aus dem Gesetzentwurf ist beispielsweise eine deutlich verbesserte Sprach- und Bildungsförderung – und das inkludiere auch die entsprechende Aus-, Weiter- und Fortbildung der Pädagoginnen und Pädagogen. Martin Güll, der vor allem beim Thema Bildung der Flüchtlinge im Landtag involviert ist, tadelte die Zustände in der Bayerischen Politik: „Es gibt eine politische Kraft in Bayern – und die hat auch einen Namen – die kein Interesse daran hat, sofort und unverzüglich auf die wichtigsten Themen und Probleme zu reagieren. Bildung ist Menschenrecht! Das müsste der Grundsatz sein.“ Tasdelen sprach außerdem feste Regeln für die Förderung von Integrationsangeboten an, nicht immer nur Projektförderungen. Die Kommunen in Bayern müssten Planungssicherheiten haben. Auch eine Änderung z.B. beim Bestattungsrecht wäre ein wichtiges Thema. „Da es in Bayern nicht erlaubt ist, unsere muslimischen Verstorbenen nur im Leintuch zu bestatten - so entspräche es aber unserer religiösen Tradition - müssen unsere Toten in ihre Heimatländer überführt werden. Glauben Sie mir, da stehen die Hinterbliebenen vor einem riesigen Problem…“, so Arif Tasdelen.
Der erste und einzige türkischstämmige Parlamentarier im Bayerischen Landtag berichtete den Genossinnen und Genossen von seinen sehr persönlichen Erfahrungen, als er als Kind 1982 mit seiner Mutter und vier Geschwistern hierher kam. Damals arbeitet sein Vater bereits acht Jahre in Deutschland. „Bei unseren Abendessen wurde viel über Diskriminierung gesprochen, Parolen wie ‚Ausländer raus‘ gehörten damals ja zur Tagesordnung. Das trug nicht gerade dazu bei, sich angenommen und willkommen zu fühlen. Diese Fehler dürfen sich heute nicht wiederholen!“
Zahlen der Bayerischen Staatsregierung prognostizieren, dass 50.000 Flüchtlinge dauerhaft in Bayern bleiben werden – bei 13 Millionen Einwohnern sind das nicht mal 0,5 Prozent – „das sollten wir schaffen“, so der integrationspolitische Sprecher Tasdelen. Er appellierte an die SPDlerinnen und SPDler darauf hinzuwirken, in den kommunalen Parlamenten Integrationsbeauftragte zu beantragen. Diese sollen Mitbestimmungsrechte bei wichtigen Entscheidungen haben, um Willkommens- und Integrationskultur zu fördern und zu fordern und im ständigen Dialog mit den Migrantinnen und Migranten sein. „Meine Empfehlung ist, hier Menschen mit eigenen Integrationserfahrungen stark mit einzubeziehen, denn sie sind der Garant dafür, dass nicht an den wirklichen Bedürfnissen der Menschen vorbeigeplant wird. Wir müssen uns immer wieder klar machen: Ein Migrant ist ein Mensch!“, so Tasdelen.